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Tanzkarte
, © Stadtmuseum Dornbirn
Tanzkarte
, © Stadtmuseum Dornbirn

Tanzkarte

Tanzkarte

„Emil“ steht da, auch „Otto“, am öftesten aber „Franz“. Der winzige Bleistift, mit dem die Männernamen geschrieben wurden, steckt fein säuberlich in einer blasslila Schlaufe an einem mit Samt bezogenem Miniaturbüchlein, dessen Vorderseite mit einem Rad (handelt es sich doch um ein Kränzchen des Dornbirner Radfahrer-Vereines in den 1890er Jahren) und zwei Schwalben verziert ist.

Mit einem Haken konnte die Ballbesucherin die Tanzkarte an ihrem Kleid befestigen, kleinere Exemplare wurden auch als Accessoire am Finger  oder dem Handgelenk getragen.

Die den Besucherinnen zu Beginn eines Balles überreichten Damenspenden erfüllten gleichzeitig die Funktion einer Tanzkarte. Darunter versteht man laut der  Oekonomischen Enzyklopädie von J. G. Krünitz (1773-1858) einen Zettel, worauf die Tänze, die auf einem Balle aufgeführt werden sollen, verzeichnet stehen, so daß jeder Tänzer wissen kann, welche Tänze vorkommen, um dazu seine Dame vorzubereiten, damit sie auf den Tanz, den er mit ihr zu tanzen wünscht, ihre Hand nicht einem Anderen zusagt.

Aus den im Laufe der Zeit immer kunstvoller gestalteten Tanzkarten entwickelten sich schließlich die Damenspenden, wie wir sie in Form von Werbegeschenken oder einer kunstvoll verpackten Kleinigkeit noch kennen.

Anders als heute, erschienen die jungen Mädchen oder Damen in Begleitung ihrer Eltern oder einer Anstandsdame am Ball oder Kränzchen – Stichwort Heiratsmarkt  -  und ließen sich zum Tanz auffordern. Durch Pflicht oder Neigung veranlasste Herren baten nun die Dame um Reservierung bestimmter in der Tanzordnung angekündigter Tänze, wobei sie ihren Namen neben dem betreffenden Tanz notierten. Polka, Walzer, Mazur, Galopp und Quadrille, die die gängigsten Tänze waren, teilten sich in  „Vor der Ruhe“ und „Nach der Ruhe“ auf. Dazwischen konnten sich die TänzerInnen  und die Musikkapelle stärken bzw. erholen. Passenderweise findet sich unter den Tänzen dieses Radfahrervereinkränzchens auch eine „Beycickl-Polka“.

In Ermangelung der Hofburg und anderer feudaler Paläste fanden die Kränzchen in Dornbirn im Vereinshaus oder in Räumlichkeiten von Gasthäusern wie dem Mohrensaal statt.

Die Erzeugung eines Großteils der aufwändiger gestalteten Damenspenden, die je nach Auftraggeber mit den passenden Insignien wie Fahrradglocken  gestaltet waren, erfolgte von spezialisierten Galanteriewarenfabriken wie der von August Klein, k. u. k. Hoflieferant, Wien.   So bekam auch die Provinz etwas vom  imperialen  Glanz ab. 

Ob die Tänzerin mit ihrem Franz glücklich geworden ist, wissen wir leider nicht.
Doch die Tanzkarte gibt Zeugnis vom gesellschaftlichen Treiben und  stellt neben ihrem persönlichen Erinnerungswert heute als  Gattung von „Luxuspapier“ ein beliebtes Sammelgebiet dar.

 

Das Stadtmuseum bedankt sich bei Dr. Eva Maria und Dr. Gottfried Waibel für diese Schenkung!

Tanzkarte

Inventarnummer

StMD-1/3/9/0/22

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